Sonntag, 8. April 2012

Frühling auf Kyushu - Hanami und Besuch Nr. 2

Der Wetterbericht im Fernsehen zeigte in den letzten Wochen nicht nur Sonnenschein und Regenschirm auf der Japankarte, sondern auch rosane Blüten an. Sehen in Japan Schneeflocken etwa anders aus und hat sich der Frühling doch nochmals vom Winter einschüchtern lassen?
Nein, hier wurde bis vor Kurzem noch täglich bzw. stündlich diskutiert und prophezeit, wann denn endlich die Kirschblüte sakura, ganz Japan in zartrosa und weiß eintauchen würde...

Pünktlich zum Besuch meiner Cousine Doro und ihrem Freund Micha war es dann so weit! Weiße Blüten, blauer Himmel, blaue Plastikplanen und blaue Japaner! Der ganze Ohori Park in Fukuoka war bevölkert von alt und jung, um hanami (hana = Blüte, mi= sehen) zu feiern, wie man es tatsächlich aus Filmen und Berichten kennt.
Als wir uns das Getummel von Nahem ansahen, dauerte es nicht einmal 5 Minuten bis dass wir von einer Gruppe Japaner mittleren Alters angesprochen wurden. Setzt euch zu uns, woher kommt ihr, wollt ihr mit uns essen und trinken? Jaaa natürlich!


Im Laufe des Nachmittags stellte sich heraus, dass es sich bei dem fröhlichen Grüppchen um einen Sushi-Restaurant-Besitzer, seinen Angestellten und seinen wohl treuesten Gästen handelte. Und weil der japanische Frühling es nicht eh schon gut genug mit uns meinte, wurden wir zum Sushi essen in selbiges Restaurant eingeladen. Oishikattayo! Das war lecker!
Doch nicht nur im Ohori Park blühen die Kirschbäume in voller Pracht, auch bei uns auf dem Uni-Gelände kann man sie bestaunen. In Japan beginnen Schule, Uni und Arbeitsjahr immer im April, weshalb die zweite Hälfte unseres WJC-Programms zusammen mit dem neuen Unijahr anfängt und lauter neue internationale Studentinnen eingetroffen sind.
Beim "Kennenlern-Ausflug" ging es über das Wochenende nach Hiroshima und Miyajima. Morgens um 8h fuhr unsere quirlige Truppe aus alten Hasen und Neuankömmlingen aus Schweden, Belgien, Indonesien, Deutschland, Thailand und Korea mit dem Bus los. Erste Pipi-Pause war auf der Brücke (ihr Name ist mir entfallen) welche die Hauptinseln Kyushu und Honshu miteinander verbindet.


Nach einer knapp vierstündigen Fahrt gab es in Hiroshima ein kurzes Mittagessen, bevor es dann in den Peace-Park und das Atomic Bomb Museum ging. Im Peace Park steht das bekannte Friedensdenkmal (gembaku domu; Atomic Bomb Dome), sowie mehrere Schaukästen mit hunderten gefalteten Kranichen. Sadako, ein japanisches Mädchen, welches den Atombombenangriff auf Hiroshima überlebte, erkrankte kurz darauf an Leukämie und begann, 1000 Kraniche zu falten. In Japan steht dieser Vogel für Glück und Gesundheit, sowie ein tausendjähriges Leben. Die Krankheit schwächte das Mädchen jedoch so sehr, dass ihre Familie ihr beim Falten helfen musste. Die 1000 wurde zwar erreicht, doch überlebte das Mädchen nicht.

heiwa = Frieden


Nach dem eher bedrückenden Besuch des Atomic Bomb Museums, war es Zeit für ein bisschen Aufmunterung, wofür das Modern Art Museum Hiroshima sehr gut geeignet war. Es handelte sich hierbei um ein In- und Outdoor Museum mit einigen witzigen Kunstwerken, die zum Blödeln bestens geeignet waren.




Als wir irgendwann genug hatten und es auch anfing zu regnen, fuhren wir mit dem Bus weiter zum Hafen Hiroshimas, um die Fähre auf die kleine Insel Miyajima zu erwischen. Die bekannteste Sehenswürdigkeit dieses schönen Ortes (welcher übrigens zu den drei schönsten Japans gehört) ist wohl das O-torii, ein riesiges orangenes Tor, welches im Wasser vor dem itsukushima Schrein steht. Herrscht Ebbe, so kann man dorthin zu Fuß gehen, doch sahen wir es uns lieber beleuchtet bei Nacht an.


Auf dem Schreingelände läuft zahmes Wild umher, das für Gelächter sorgte, da Yuko, eine Japanerin und Mitarbeiterin an unserer Uni behauptete, dass diese shika doch total die haato-sheputo oshiri hätten. (Foto folgt noch)
Stimmt, herzförmig ist des Rehs Hinterteil schon ein wenig...aber diese Ziege übertrifft wohl jegliche seltsamen Ansichten. Mir ist aufgefallen, dass man in Japan nicht sonderlich darauf zu achten scheint, ob eine Ziege sich wirklich in ein Kleid reinzwängen will, was wohl eher zu Heidi passt, oder ob ein Hund zur Abwechslung auch mal selber laufen möchte, anstatt in Hundewägen geschoben zu werden oder Biene Maja Kleidchen und Schuhe tragen zu müssen.


Am zweiten Tag streiften wir vormittags durch die kleinen Gassen Miyajimas, bestaunten nochmals die Kirschblüten, sowie das große orangene Tor im Tageslicht und hatten das Glück eine japanische Hochzeitsgesellschaft beim Fotografieren zu beobachten.



Mittags ging es wieder zurück nach Hiroshima und von dort wieder nach Fukuoka, jedoch mit einem Zwischenstopp bei der 1673 errichteten Brücke kintai-kyo der Stadt Iwakuni. Diese Brücke besteht aus 5 hölzernen Bögen und durfte während der Feudalzeit nur von den Samurai überquert werden. Heutzutage ist sie eine der beliebtesten Touristen- und hanami-Ziele der Japaner und nun darf natürlich jeder darüber gehen, so lange er willig ist, 300Yen zu zahlen. Da gönnt man sich doch lieber ein Softeis zum selben Preis und schaut sich die Menschenmassen vom Flussufer an.


Ja, das war so unser erster größerer Ausflug in diesem Semester, weitere werden folgen!
Mata ne!