Donnerstag, 19. Juli 2012

Yamakasa Matsuri

Jaaa, es ist über einen Monat her, seit ich von mir hab lesen lassen, aber jetzt will ich mal wieder ein bisschen berichten. Und zwar vom Yamakasa Matsuri, dem größten traditionellen Fest Hakatas, einem Stadtteil Fukuokas. 
Jedes Jahr Anfang Juli beginnen die Vorbereitungen dieses großen Ereignisses. An mehreren Stellen Hakatas werden die riesigen so genannten KazariYamas aufgebaut. Kunstvoll geschmückte, meterhohe Schreine, die jeweils eine eigene Geschichte erzählen, geschichtliche aber auch aktuelle Dinge, die in den letzten Monaten in Hakata passiert sind. Ein einziger Kazari Yama kostet einige Millionen Yen und es ist kaum vorstellbar, dass zum Ende des Festes jedes der Kunstwerke komplett zerstört wird. Neben den Kazari Yama gibt es die Kaki Yama, welche den Kazari Yama ähneln, allerdings nicht ganz so hoch gebaut sind.

Kazari Yama

Kaki Yama

Diese kleineren Kaki Yama werden am Morgen des 15.Juli von 20 bis 30 Männern 4 km weit geschleppt und zwar so schnell wie nur möglich. Es treten mehrere Gruppen gegeneinander an und die erste startet um 4:59h am Kushida Schrein, wo sie in einer Minute um einen Mast rennen muss, um die Gunst der Shintogötter zu erhalten und dann ihren Lauf zu starten. Dieser Lauf ist nicht ganz ungefährlich, da man leicht stürzen und unter den tonnenschweren Schrein gezogen werden kann. Vor zwei Jahren sei einer der Teilnehmer beim Abbiegen zwischen Kaki Yama und einer Straßenlaterne geraten und hat sich dabei schwer verletzt. Unser Dozent des Seminars über die Kultur Fukuokas nimmt selbst jedes Jahr am Yamakasa teil und konnte uns deswegen einiges darüber berichten.
So zum Beispiel auch darüber, dass es so einige Tabus zwischen dem 1. und 15.Juli gibt. Zum Einen dürfen nur Männer an dem Lauf teilnehmen, welche in dieser Zeit nicht mit Frauen schlafen dürfen, da dies Unglück bringen würde. Zum Anderen dürfen keine Männer teilnehmen, die unter einer Hautkrankheit leiden (das gilt als unrein) oder ein Verwandter von ihnen in dem Jahr gestorben ist. Harte Regeln, deren Sinn viele von uns nicht verstehen können, aber angeblich entspringen diese Tabus dem Shintoismus, in welchem Frauen ursprünglich als unrein angesehen wurden. Da stellt sich die Frage, ob man ein Auge zu drücken soll und sich denkt, dass es sich hierbei um Tradition handelt, die nun eben einfach so ist und man es akzeptieren soll? Oder soll sich Tradition mit der Zeit wandeln? Sollen Bräuche geändert werden, weil die Gesellschaft sich auch ständig wandelt? Und wo sind dann die Grenzen zwischen Tradition und Moderne? Verschwindet Tradition, dadurch dass man gewisse Regeln und Konventionen ändert, weil sie nicht mehr als akzeptabel angesehen werden oder kann man den Kern bewahren?

Am 7.Juli fand eine Mini-Version des Yamakasa statt, das Kodomo (=Kinder) Yamakasa, welches ähnlich wie das eigentliche Fest abläuft, allerdings nachmittags, mit nicht ganz so schweren Schreinen und einer kürzeren Strecke. Zur Veranschaulichung ein kleines Video:



Nein, die Kinder und Männer laufen nicht halbnackt herum, sondern tragen sogenannte Happi, die ähnlich wie die Lendenschurze der Sumo Ringer um den Unterleib gewickelt werden.
Es traten insgesamt 5 Gruppen gegeneinander an, deren jeweilige Zeit gestoppt wurde und von ihren Fans lautstark angefeuert wurden. Es war interessant zu sehen, wie schon im jungen Alter, die Kinder in dieses Fest hineinwachsen und sie lernen, wie sie sich richtig verhalten müssen, um Verletzungen zu vermeiden.
Am Abend des 14.Julis machten sich Cora, Rinko, Ellen aus Schweden und ich auf nach Hakata um dort die Nacht am Ufer des Nakasu Flusses zu warten. Es war eine laue Sommernacht, gefühlte 30°C (tagsüber sind es durchschnittlich 34°C bei 70% Luftfeuchtigkeit) und ein fast klarer Himmel. Zuvor gingen wir noch in einen 24h Supermarkt, kauften uns eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken und warteten dann mit noch so einigen anderen Zugereisten (jährlich kommen eine knappe Millionen Besucher zum Yamakasa) auf den Morgen. Um 4h trafen wir uns mit weiteren Auslandsstudenten, um dann einen geeigneten Platz zum Zuschauen zu finden. Da wir etwas spät dran waren, gelang es uns nicht, direkt am Straßenrand eine Stelle zu ergattern, so dass vor uns einige Zuschauer standen und wir letztendlich nicht wirklich viel sehen konnten. Außerdem waren wir doch ziemlich müde von der durchwachten Nacht, weshalb wir uns bald auf den Heimweg machten und gegen 6h früh in unsere Betten fielen. Schön war's und eine Erfahrung wert!