Dienstag, 20. März 2012

Frühling in Kyoto - Besuch Nr. 1

Zur Zeit sind Semesterferien, mein Projekt, welches ich zu bearbeiten hatte ist vollendet und ich genieße meine freie Zeit bis Anfang April, bevor die zweite Hälfte meines japanischen Aufenthaltes beginnt. Und weil nun bald Halbzeit ist, passte es auch perfekt, dass mich mein Freund Malte besuchen kam.


18 Tage ein Stück Heimat hier in der Fremde und 2 neue Augen, die einen Blick auf die japanische Kultur und in die Gesellschaft Japans warfen.
Da Fukuoka zwar vieles zu bieten hat, aber für einen fast dreiwöchigen Aufenthalt nicht so ganz ausreicht, fuhren wir für 5 Tage nach Kyoto, welches einst die japanische Hauptstadt war. Mit dem Nachtbus ging es am Abend des 6. März von Fukuoka aus auf eine teils unbequeme, sehr stickige (in japanischen Bussen kann es glaub ich nicht warm genug sein, zumindest ähnelte die Luft einer finnischen Sauna und durch die Fenster konnte man kaum sehen, da sie so beschlagen waren) Fahrt in Richtung altes Japan. Nach knapp zwölfstündigem schweißtreibendem, 80km/h schnellem Rollens erreichten wir früh morgens den Hauptbahnhof Kyotos. Schlaftrunken torkelten wir aus dem Bus und machten uns auf die Suche nach unserem Hostel in Gion, dem ehemaligen Geisha- und heutigem Partyviertel.
Da wir erst um 15h auf unser Zimmer konnten, stellten wir unser Gepäck ab und machten uns auf eine kleine Erkundungstour durch die Gassen des noch sehr verschlafenen Gions.


Und wie es so typisch für Japan ist, offenbarte sich vor uns ganz plötzlich, nach kleinen geduckten Häuschen und nicht ganz so schönen Betonkästen, ein enormer Tempel, der Chion-in (1234 errichtet), dessen Eingangstor mit seinen 24 Metern Höhe das größte Japans ist.

das Tor passte gar nicht komplett aufs Bild ;)
Im Inneren der riesigen Tempelanlage gab es eine Halle in der ein vergoldeter Buddha uns aus seinen halbgeschlossenen Augen friedlich anblickte. Malte und ich gesellten uns zu ein paar Japanern, die sich vor der Statue niedergelassen hatten und die Stille (abgesehen von dem Baustellenlärm, der von außen in den Raum drang) genossen. Ein schon etwas älterer Japaner neben mir begann auf einmal leise zu singen, womöglich alte japanische Rezitationen, danach klang es jedenfalls.


Da wir beide noch ziemlich fertig von der Fahrt waren, streunerten wir nach der Tempelbesichtigung nur noch ein bisschen durch die Gegend, um die Zeit bis zum Hostel-Check-in zu überbrücken.
Am nächsten Tag ging es ausgeschlafener auf eine weitere Erkundungstour, diesmal in Richtung Nishiki Markt, einer ewiglangen, überdachten schmalen Straße, die durch aneinandergereihte Läden und Stände voller frischem Fisch, Süßigkeiten, Spezialitäten aus Kyoto (Tintenfisch am Spieß), Geschirr sowie Obst und Gemüse führte. Manches konnte man kostenlos probieren, vorausgesetzt man traute sich.


Nishiki Markt


 
Nach dieser kulinarischen Vielfalt ging es bei Abenddämmerung zum Fushimi Inari Schrein, welcher für seinen ca. 4 km langen Pfad, bestehend aus mehreren Hundert orangenen torii (japanische Tore) besteht. Rechts und links des Weges saßen immer wieder kleine steinerne Fuchswächter, die zur mystischen, ein wenig unheimlichen aber zugleich auch schönen Stimmung beim Durchschreiten der torii sorgten.
Doch nicht nur der Pfad, die ganze Schreinanlage hatte etwas Geheimnisvolles im Schein der unzähligen Lichter, die die Gebäude nahezu unwirklich erscheinen ließen.

Fushimi Inari




So beleuchtet dieser Abend war, so trüb war der folgende Tag, an dem wir in das 45 min. entfernte Nara fuhren, ausgestattet mit Regenschirm und undichten Schuhen. Schon am Bahnhof reizte es uns nicht sonderlich, in den Regen hinauszutreten, doch hinderte uns der teure Fahrpreis an der Rückfahrt (nee, nee, nee, nee, neee, wenn man schon mal da ist, dann gibt man sich das auch). Also Regenschirm aufgespannt und hinein ins nasse Vergnügen zum Todai-ji, einem alten Tempel, der als größtes rein aus Holz gebautes Gebäude der Welt gilt. Beeindruckend war auch die bronzene Buddhastatue in seinem Inneren, 15 m hoch und 450 t schwer.

Todai-ji



Auf dem Tempelgelände lief unter anderem dämlich dreinblickendes Wild umher, was wild auf Kekse war, die extra an Ständen verkauft wurde. Dämlich sind genauso die Touristen, die dieses Angebot zunächst als gute Investition ansehen, dann aber entsetzt schreiend das Weite suchen und sich wundern, wenn sie von 20 hungrigen Rehen umzingelt werden. Auch wenn Schilder auf die Boshaftigkeit dieser Tiere hinweisen, durften wir so manch lustiges Zusammentreffen von Wild und Tourist genießen.


Am darauf folgenden Tag war das Wetter wieder besser, so dass wir uns den riesigen Park des Kaiserpalastes in Kyoto ansahen, wieder durch die Straßen Kyotos streiften und so manch komische Kreatur entdeckten:

erinnert mich an einen ehemaligen Mathelehrer

Im Hostel empfahl uns eine freundliche Niederländerin, sich das Lampionfrühlingsfest in den Gassen Gions anzusehen. Gesagt, getan und mit der Abenddämmerung ließen wir uns von der Menschenmenge mitziehen, die sich durch die gepflasterten, von verschiedenen Lampions gesäumten Wege schoben,  vorbei an kulinarischen Kostproben und Souvenirläden, hin zum Jishu-jinja, einem weiteren beleuchteten Schrein.

 

Jishu-jinja
Am letzten Tag unseres Aufenthaltes fuhren wir zum Kinkaku-ji. Jaaa, ich merk schon, eigentlich sieht man in Kyoto vor lauter Tempel und Schreine das Wesentliche nicht mehr. Als würde es nichts anderes geben?! Doch, sicherlich, aber diese heiligen japanischen Stätten sind gerade in Kyoto besonders schön und riesig. Und so einen goldenen Tempel wie den Kinkaku-ji sieht man ja auch nicht alle Tage!


Eine 10-minütige Busfahrt von diesem Goldkäfig entfernt, liegt Arashiyama, ein Viertel im Westen Kyotos, welches für seine Bambuswälder bekannt ist. Hier findet man trotz Touristenmassen die typische japanische Natur: dicke, grüne Bambusstämme, kleine Berge und ein ruhig dahinfließender Fluss und zwischen all dem ein Grüppchen anmutig tippelnder Maikos, sowie schwarze Rikshas mit ninjaähnlichen Rikshafahrern.


...und mittendrin ein tanzender Malte!
Eine kulinarische Besonderheit Kyotos möchte ich niemandem vorenthalten, der plant, nach Kyoto zu reisen: okonomiyaki (eine Art japanischer gefüllter Pfannkuchen, der in anderen Regionen Japans in Form und Zutaten variiert). Gefüllt mit einem Spiegelei, kleinen Garnelen, Gemüse, Ingwer etc. und garniert mit einer rauchigen dunklen Soße, ein absolutes Muss, vor allem in dem Restaurant, welches wir entdeckt haben. Da lenkt das Lokale doch schon sehr vom Kulinarischen ab:

...von außen...
...und innen eine interessante Wanddekoration...

...sowie charmante Tischgesellschaft!
Ja, Kyoto hat so seine Reize, vor allem wenn man vor lauter Schreinen, Tempeln und Touristen nicht den Überblick verliert. Es lohnt sich aber allemal, da hier noch ein Hauch des alten Japans durch die schmalen Gassen weht, wenn eine maiko (Lerngeisha) einem zunickt oder eine Riksha vorbeirattert.

Mata ne!

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