Sonntag, 27. November 2011

Zwei Jahreszeiten gleichzeitig?!

Puuh, ich sitze gerade an meinem Schreibtisch und versuche, das Erlebte des jetzigen Wochenendes vor Augen zu rufen. Leider fällt es mir schwer, nachzudenken, dass ich überhaupt tippen kann ist schon verwunderlich, denn der Rest meines Körpers scheint nahezu unbeweglich. Naja, ich werde mein Bestes geben, die letzten drei Tage zusammenzufassen.
Woher also diese Trägheit?! Hmm, heute haben wir den ersten Advent, draußen waren es tagsüber sicherlich um die 20 °C, drinnen in Sarahs guter Stube bestimmt 27 °C, nicht nur wegen der dämlichen Klimaanlage, die als Heizungsersatz dient und im wahrsten Sinne nur heiße Luft in den Raum pustet (sobald sie abgeschaltet ist, friert man).
Nein, letztens hatten wir die glorreiche Idee, die kommenden Sonntage damit zu verbringen, ein wenig europäische Stimmung unter den japanischen, durch Amerika beeinflussten Kurisumasu-Trubel zu mischen. Selbstgebackene Vanillekipferl, Eiweiß-Mandel-Makronen mit Schokobuttercreme-Füllung, sowie weißer und roter Glühwein sind deswegen Schuld an meiner momentanen Unbeweglichkeit.
Aber was soll's, wir hatten einen gemütlichen ersten Advent mit sehr vielen lustigen Momenten.

Ich finde es schwer, hier in richtige Weihnachtsstimmung zu kommen, nicht nur wegen des warmen Wetters, sondern auch wegen der anderen Auffassung des Festes, die hier herrscht. Für Japaner ist Kurisumasu eher so etwas Ähnliches wie Valentinstag. An Weihnachten geht man mit seinem Partner aus und schenkt sich gegenseitig "puresento". Der familiäre Hintergrund ist weniger vorhanden, dafür gibt es "shougatsu", das Neujahrfest, welches man traditionell im engen Kreis der Familie feiert, mit sehr viel Essen und einem Besuch eines Tempels oder Schreins.
Weihnachten ist also ein richtiges "verkommerzialisiertes" Fest, an dem Santa Kurausu kommt, wenn ich richtig verstanden habe, sogar seinen Geburtstag feiert und lauter Geschenke verteilt. In den Schaufenstern sieht man lauter Puppen, die schicke, schillernde Cocktailkleider anhaben, welche daheim wohl eher an Silvester getragen werden würden und überhaupt ist ganz Fukuoka bestückt und geschmückt bzw. überladen mit Glitzereien, Lichterketten und riesigen leuchtenden Bildern, die an den Wänden der Departmentstores und den Bahnhöfen angebracht sind. Wer's mag, wird wohl seine Freude daran haben...

Tenjin Core- department store

Tenjin Station

Aber gut, zurück zu unserem Adventsbacktag: Es hat sehr Spaß gemacht, zusammen zu sitzen, heißen Glühwein zu trinken und dabei an den Christkindlmarkt am chinesischen Turm zu denken, an die gefrorenen roten Nasen und Hände, an die kalte Luft und den Schnee. Okay, zu nostalgisch will ich nun auch nicht werden, aber ich freue mich schon jetzt auf nächstes Weihnachten, obwohl ich eigentlich gar nicht so ein Fan davon bin.

Umgerechnet 9 € die Flasche, aber man gönnt sich ja sonst nichts haha! ;)




Lustig finde ich, dass hier die Weihnachtzeit beginnt und gleichzeitig der Herbst sich noch in seinen schönsten Farben zeigt. Kouyou, die Blätterverfärbung die ich glaube ich schon einmal erwähnt habe, ist gerade in vollem Gange, weshalb wir gestern nach Saga(land), die Nachbarpräfektur Fukuokas, gefahren sind.
Ich habe noch nie so intensive Farben gesehen, egal wohin man auf dem Gelände des Schreins, bei dem wir waren, geblickt hat, überall sattes Orange, Weinrot und Goldgelb. Noch dazu schien die Sonne so gut sie konnte, wodurch ein beeindruckendes Lichtspiel entstanden ist.







Kein Wunder, dass dieses Naturschauspiel so viele Menschen nach Saga gezogen hat, es war wahnsinnig viel los und jeder wollte wohl die schönsten Fotos machen, egal wohin man ging, man musste ständig zur Seite springen und "Sumimasen" sagen, um nicht ungewollt auf irgendwelchen Freizeitbildern eines achzigjährigen Hobbyfotografen zu landen. Witzig, Japaner sind mit dem Klischee behaftet, immer und überall und alles zu fotografieren, was ich auch auf keinen Fall verneinen möchte, aber wir Auslandsstudenten sind nicht anders. Jedes Blatt, jeder Stein, jede unbekannte Blume und natürlich allerhand unterschiedliche Gerichte müssen aufgenommen werden, - digital verewigt und archiviert.

Im Curry-Restaurant nach der Kouyou-Bestaunung

Entschuldige Lucy... du dienst nur zur Veranschaulichung, nimm's nicht persönlich ;)

Ja, man könnte meinen, dass das vorerst alles war, aber nein, ein Häschen (ein ziemlich wuchtiges) kann ich noch aus meinem japanischen Zylinder ziehen. Das WJC-Programm hat es doch tatsächlich geschafft, uns kostenlose Tickets für das "Grand Sumo Tournament" in Fukuoka zu besorgen.
Also ging es Freitagnachmittag zum Sumogucken und es war wirklich ein Erlebnis. Mich haben die Sumos bei ihrem Training am vergangenenWochenende schon fasziniert, aber das hier war noch einen Tick besser. Anfangs dachte ich, dass es nicht so spannend sei, da nicht sonderlich viel los war, nur vereinzelte Plätze besetzt waren und die Sumos der unteren Ränge gegeneinander antraten. Doch im Laufe des Turniers füllte sich die riesige Halle immer mehr und die Stimmung stieg spürbar. Je höher die Ränge wurden, desto länger dauerte ein Kampf (nicht mehr 30 sek. sondern 2 min.) und umso mehr schrien die Zuschauer. Manche riefen die Namen der jeweiligen Sumos und eine Grundschulklasse quiekte unentwegt "Ganbatte" ("Halt durch!", "Du schaffst das!") in Richtung "dohyo", dem Kampfring aus Reisstroh.



Wenn einer der Sumos aus dem Ring gedrängt wurde und nach unten stürzte, ging öfters ein entsetztes "Aaaah" durch die Zuschauermenge und die Besitzer der teuren Plätze in den vordersten Reihen  mussten um ihr Leben fürchten und rechtzeitig ausweichen, um nicht von einem der Schwergewichte zerquetscht zu werden. Auch der "gyoji", der Schiedsrichter musste aufpassen, nicht zwischen die Ringer zu geraten, was er geschickt durch eifriges Hin-und Herhüpfen (was mich stark an einen Frosch erinnerte) um die beiden Kämpfenden herum, verhinderte.


Bevor es zu einem richtigen Kampf kommt, können Minuten vergehen, in denen die beiden Sumos sich immer wieder in die Startposition (nach vorne gebeugt, die Fäuste auf den Boden gestützt) begeben und einer der beiden sich dann wieder aufrichtet à la "Ach nee du, ich will doch noch nicht kämpfen stattdessen ärgere ich dich noch ein bisschen". Dieses Verhalten kann sich drei, viermal wiederholen und von einem Sumo zum anderen wechseln. Bei jedem Mal merkt man, wie die Spannung im Zuschauerbereich steigt und jeder darauf wartet, dass der Kampf beginnt. Irgendwann aber verharren beide wirklich, blicken sich an, um zu kontrollieren welcher von ihnen schneller angreifen kann (wie ein Revolverduell aus dem Wilden Westen, nur ohne Revolver aber dafür mit viel Fett). Dieses gegenseitige Ärgern, welches auch zur Spannungssteigerung dient, ist allerdings auf vier Minuten begrenzt, die von den meisten komplett ausgenutzt werden. Doch erst 1928 wurde erstmals eine Zeitbegrenzung von 10 min. eingeführt, davor konnten die Sumos beliebig lange auf den richtigen Moment warten.


Ganz am Ende betrat Hakuhou, der derzeit erfolgreichste Sumo Japans, den Ring. Seinen Gegner hiefte er nahezu mühelos, nachdem beide sekundenlang ineinander verhakt waren, am "mawashi", dem seidenen Gürtel der Sumos, aus den Ring heraus. Verloren!

Hakuhou
Als abschließendes Ritual des Turniers vollführte Hakuhou den traditionellen Bogentanz "yumitori-shiki". In der Edo-Zeit (1603-1868) wurde ein Sumokämpfer wenn er gewann, mit einem Bogen ausgezeichnet. Als Zeichen seiner Zufriedenheit und Würdigung dieses Preises führt der Gewinner dann den yumitori-shiki auf.

So, das war's vorerst, mal sehen was ich sonst noch so erleben werde :)
Liebe, herbstliche Wintergrüße und euch allen eine gemütliche Adventszeit.

Mata ne!





Sonntag, 20. November 2011

Einfach überwältigt...

Samstag Abend. Sechs Uhr. Ich stehe am Uni-Eingang und warte auf Chizu und Co. denn heute ist wieder "Gastfamilien-Tag". Und da fährt auch schon das große schwarze Auto die Einfahrt hoch. Juhu, Vorfreude auf zwei schöne Tage voller Herzlichkeit. Fröhlich werde ich von den Vieren begrüßt und gleichmal gefragt, auf was ich denn Lust hätte zu Essen. Nach kurzem Hin und Her entschlossen wir uns für "Kaiten Sushi" (= running sushi), was mal wieder total lustig und lecker war. Danach gings zu ihnen heim. "Setz dich ruhig hin, ich mach noch Kaffee.", meinte Chizu zu mir. Miyabi setzte sich grinsend neben mich und ich fragte mich, was wohl der Grund für ihr verschmitztes Lächeln war. Die Antwort kam kurz darauf in weiß-roter Form, von Chizu getragen, um die Ecke:


"Otanjoubi omedetooooo!", riefen alle im Chor und ich war erst einmal baff, hab mich aber natürlich riesig gefreut.
Nachdem wir gemeinsam die Torte gegessen haben, ging es auch schon bald ins Bett bzw. auf das Futon, da wir am nächsten Morgen schon um sechs Uhr aufstehen würden. Wieso um Himmels Willen so früh?!
Naja, da gerade November ist und das die Zeit der stärksten und dicksten Männer Japans ist, die sehr früh aufstehen, um fit zu bleiben, hatten wir die Gelegenheit, Sumos beim Training zuzusehen!

Ein weiteres Erlebnis an dem Wochenende, weswegen ich überwältigt war. Man muss sich ein kleines weißes Zelt vorstellen, welches neben einem unscheinbaren Haus an einer Bahnlinie aufgebaut ist. Im Zelt ein Kreis, welcher durch ein Strohseil markiert wird und mit Sand ausgelegt ist. Vier oder fünf Sumo-Ringer, darunter Hakuhou, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Sumo-Ringer Japans.

 Es war zwar sonnig und nahezu wolkenlos, aber sehr kalt und windig. Da es Frauen nicht gestattet ist, das Innere eines Trainingszeltes zu betreten, konnten wir uns das Training leider nur vom Eingang des Zeltes aus ansehen. Also standen wir mit dem Rücken zum kalten Wind, während uns von den Sumos aus eine angenehme Wärme entgegenströmte, vermischt mit einem Geruch, der mich an frische Wäsche, Hallenbad und Räucherstäbchen erinnerte (eine merkwürdige Kombination, die man eigentlich nicht erwarten würde).

Es herrschte absolute Ruhe, weder die Sumos noch einer der gespannten Zuschauer sagte ein Wort. Die einzigen Geräusche, die man hören konnte, waren das Schleifen der schweren Schritte im Sand, das Klatschen der riesigen Hände, wenn sie auf die massiven Schenkel schlugen und das "Sssschssssch", dass Hakuho zischte, wenn er auf den Boden stampfte.


Dadurch, dass es so still war, entstand eine sehr meditative Atmosphäre, wodurch mir das Ganze mehr als nur eine Kampfsportart erschien. Das unaufhörliche Aufstampfen ("shiko") soll zum Einen den Gegner einschüchtern und zum Anderen das Böse vertreiben. Da diese Sportart aus der Religion Shintoismus entstanden ist, beinhaltet sie sehr viele Rituale, die zu dieser eingenartigen Stimmung beitragen. Ein weiteres Ritual zum Beispiel ist das Fegen des Rings mit einem Reisigbesen, was von rangniedrigeren Ringern durchgeführt wird.


Was mich außerdem sehr fasziniert hat, ist die unglaubliche Beweglich- und Biegsamkeit dieser Kolosse. Unter dem ganzen sichtbaren Fett befindet sich ziemlich viel Muskulatur, die vielen Sumos sogar Spagate ermöglicht.


Nach dem Sumotraining fuhren wir zum Shingon-Tempel in Nanzou-in, in dem sich die weltgrößte  liegende Bronze-Buddhastatue befindet, so wie lauter kleine ulkige, grimassenschneidende Figuren, vor denen der kleine Mi-kun ein wenig Angst hatte. Die sahen aber auch teilweise gruselig aus.






Zum Schluss noch ein Bild von Mi-chan und Mi-kun, das ich so lieb fand und bei dem ich denke, dass es diese überwältigende Herzlichkeit dieser lieben Familie am Besten widerspiegelt.

Mata ne!

Freitag, 18. November 2011

Ein sehr süßer Geburtstag


...heißt der rosaroteste Ort, an dem süße, cremegefüllte und mit Schokolade überzogene Träume ein jeder Naschkatze in Erfüllung gehen. Garantiert!


Dieses süße Paradies, welches siebzig Minuten lang für umgerechnet 15€ mit seinem Konzept fast schon an Perversion grenzte, war irgendwie der perfekte Ort, um meinen Geburtstag in der Fremde zu feiern.
Damit es einem nicht schon in den ersten paar Minuten schlecht wurde, gab es zur Vorbereitung des Magens auch Speisen wie Spaghetti, Risotto, Gemüse, Salate und Sandwiches zu essen.
Und dann, ging's los!
Ein eeeeeeeeewig langes Büffet mit den unterschiedlichsten Sorten an Kuchen, Torten, Mochi, Eis mit verschiedenen Toppings wie Krokant, Erdbeersoße, Schokostreuseln etc., Joghurt, Obstsalat und einem riesigen Schokobrunnen in den man Kekse, Waffeln, Früchte und Marshmallows tunken konnte. "Zuerst fraß sie sich durch eine Stück Eiersalat-Sandwich, aber satt war sie noch immer nicht. Also fraß sie sich durch ein Stück Tarte au Chocolat, welche aber nicht ganz so perfekt war wie die von ihrer Schwester....satt war sie noch immer nicht...."


Wirklich schlimm, wie gierig man wird, sobald man einen Teller in der Hand hat und sich entscheiden soll (man bemerke, dass die Zeit ja einem davon rennt), welches Stück Torte man nehmen soll, Pumpkinpie oder Erdbeersahnetorte? Oder doch lieber etwas vom Maronenkuchen und dazu eine heiße Schokolade? Wieso abwägen?! ALLES!!! Kaum saß ich am Tisch und blickte auf meinen überfüllten Teller, musste ich unweigerlich an dieses Klischee der Deutschen (und auch anderen Weltenbürgern) denken, die bei Hotelbuffets oft größere Augen als Mägen haben. Peinlich, peinlich!! Und Maria meinte dann grinsend zu allem Überfluss: "Oooh you are so German!"





Wie dem auch sei, ich hab alles brav aufgegessen, weshalb heute wohl auch wieder schönes Wetter ist, nachdem es gestern wie aus Kübeln geschüttet hat.
Zu Beginn des süßen Abends sahen wir in etwa so aus, vollkommen beeindruckt und hungrig:



...danach dann eher so:

...zum Platzen vollgefressen!

Jaaa, so habe ich meinen 21. Geburtstag verbracht, zwischen Kuchen, Süßkram und lauter lieben Menschen die mit mir gefeiert haben. Vielen Dank für all die Glückwünsche und lieben Ideen aus der Heimat die bei mir im (virtuellen und realen) Briefkasten eingetroffen sind. Ich hab mich über jede einzelne Zeile gefreut.

Mata ne!

Donnerstag, 17. November 2011

Lauter Mikan und eine Blatt-Tröte


Letztens kam Maria, eine quirlige, mit einem speziellen Humor versehene Persönlichkeit aus Finnland auf mich zu und fragte, ob ich Lust hätte mit ihr am Sonntag auf einen nahegelegenen Berg, dem Tachibana Yama zu steigen. Natürlich! Also wurde der Rucksack gepackt, feste Schuhe angezogen und kurz beim Konbini (24h geöffneter Supermarkt) eine Kleinigkeit fürs Picknick gekauft...und los!
Auch wenn das Wetter nicht ganz unseren Wandervorstellungen entsprach, waren wir guter Dinge und ließen uns von einer kühlen Brise und dem wolkigen Himmel nicht die Laune vermiesen. Mit dem Bus fuhren wir etwa 10min zu einer Haltestelle am Fuße des Berges. Zuerst führte uns ein Weg durch eine kleine Wohnsiedlung mit freundlichwirkenden Häusern und liebevoll gepflegten Gärten voller Blumen, Gemüsebeeten und Obstbäumen, die ich unbedingt fotografieren musste, weil man dabei einfach nicht glauben konnte, dass wir schon Mitte November haben.



Der Aufstieg war nicht sonderlich schwierig was den Weg angeht, da es meistens nur leicht anstieg und nur zum Ende hin ein wenig steiler wurde. Schwieriger war für uns die Ausschilderung, da es zwar eine Wanderkarte gab, auf der alle möglichen Wege eingezeichnet waren, doch konnten wir sie erstens nicht ganz entziffern und zweitens sind wir uns fast sicher, dass sie nicht ganz korrekt war. Wie dem auch sei, oben sind wir gut angekommen, hatten leider nur eine mäßige Sicht herunter, haben unser Picknick aufgefuttert, um uns dann nach einer kleinen Pause im trockenen Gras wieder auf den Rückweg zu machen. Blöd nur, dass wir einen anderen Weg zurück genommen haben und deswegen nicht wussten, wo wir letztendlich enden würden. Und so kam es dann auch, dass wir in einer ganz andersaussehenden Wohnsiedlung ankamen, an einem völlig anderem Fuß des Berges. Aber gut, eigentlich sollten wir einfach nur schauen, wo die nächste Bushaltestelle zu finden ist....eigentlich... nach ca. 20min Fußmarsch kamen wir an einem Bauernlädele vorbei, an dem lauter frisches Gemüse und "Mikan" (Mandarinen) verkauft wurden.
Wir fragten das Mütterchen, welchem der Laden gehörte, nach dem Weg. Sie erklärte ihn uns, meinte dann aber, dass wir doch erst einmal hereinkommen sollen. Wir bekamen heißen Kaffee zu trinken, sowie Mikan und gekochte Süßkartoffeln zur Stärkung. Nach einer netten Plauderei, in der sie uns stolz erzählte, dass ihr Sohn mit einer Australierin verheiratet sei und sie regelmäßig mit ihren Enkeln skypen und diese ihr Englisch beibringen würden, bedankten wir uns und machten uns wieder gestärkt (mit weiteren Mikan in der Tasche) auf die Bushaltestellensuche.
"Immer gerade aus, nach der dritten Ampel befinde sich links der Straße eine Grundschule und direkt vor deren Eingang die Bushaltestelle."
Dritte Ampel, Straße, Grundschule, Eingang, alles da, nur nicht die Bushaltestelle! Mist! Aber hey, den Mann auf dem Fahrrad kennen wir doch, klar Fukihara Sensei, ein Japanischlehrer unserer Uni. "Wohin des Weges?" Wir suchen die nächste Bushaltestelle, an der der Kashii-Bus hält. "Ja, da müsst ihr diese Straße entlang, dann an dem Kiosk vorbei und rechts an der nächsten Ampel ist die Bushaltestelle. Hier nehmt noch ein paar Mikan mit, die hab ich gerade in einem Bauernladen gekauft, die schmecken total süß." Ja gut, wir haben zwar noch ein paar in unserer Tasche, aber das muss er ja nicht wissen. Zu gut, um abzulehnen.
Man glaubt es kaum, letztendlich haben wir die Bushaltestelle gefunden, aber da Sonntag war, hätten wir bis Montag früh warten können. Es wurde schon dunkel und wir hatten keinen blassen Schimmer wo wir überhaupt genau waren. Gerade als wir uns auf den Boden setzen wollten, um ein wenig zu jammern und zu maulen, hielt ein Auto vor unserer Nase an. "Entschuldigt, aber heute ist Sonntag da fährt kein Bus. Wo wollt ihr denn hin?", ein junges Ehepaar blickte uns freundlich aus dem Autofenster an. Wir sind von der Fukuoka Joshidai und haben uns verlaufen. "Steigt ein, wir fahren euch zurück." Das war nicht ihr Ernst?! Ich hab immer mehr das Gefühl, dass sich die Mehrheit aller Japaner dazu verpflichtet fühlt, hilflos aussehenden Auslandsstudenten zu helfen, sie durchzufüttern und heimzufahren.Wohin man auch geht, auf Gastfreundschaft trifft man nahezu überall.

Als Dankeschön schenkten wir den Beiden...Mikan,- was denn sonst?! :)

Und weil es so schön war, haben wir uns gestern gleich noch einmal auf den Tachibana Yama gewagt. Diesmal haben uns Lucy und Maysa begleitet und das Wetter war ein einziger Traum! Ein letzter schöner Herbsttag? Wer weiß...


"Ittekimasu!" - selber Bus, selbe Strecke und doch nicht gleich. Allein das Licht wirkte ganz anders, viel kräftiger, wodurch das so langsam erkennbare "Kouyou", die Blattverfärbung der Laubbäume zur Geltung kam.




 Wir kamen an einem Reisfeld vorbei, sowie einem Gemüsefeld auf dem ein "Ojisan" arbeitete. Sehr idyllisch! Das klingt jetzt alles vielleicht wie ein sentimentaler Bericht einer alten Frau, aber ich habe den Tag gestern sehr genossen, vor allem weil ich die Natur in Fukuoka sehr vermisse, da alles nur grau und aus Beton und Stein ist. Dabei muss man wirklich nicht weitfahren, um mitten im Grünen zu sein.




Bevor es auf den richtigen Wanderweg ging, machten wir noch einen kleinen Abstecher zu einem etwas versteckten, mysteriösen Ort. Ein im Schatten des Bambuswaldes gelegener Ort, der absolut ruhig war, an dem man nur vereinzelt Vögel singen oder einen kleinen Bach plätschern gehört hat, sonst nichts. Lauter stumme Gestalten aus Stein, freundliche Gesichtsausdrücke, leicht gesenkter Blick und eine vollkommen entspannte Haltung. Obwohl eine so friedliche Stimmung herrschte, fand ich es doch ein wenig unheimlich, da keine andere Menschenseele zu sehen war.





 Auf dem Tachibana Yama angekommen, bot sich uns ein unglaublicher Blick über ganz Fukuoka (Sogar die Sporthalle unserer Uni war zu erkennen). Dank des guten Wetters konnte man ewig weit in die Ferne sehen, bis hin zum Meer!




Abgesehen von diesem wahnsinnigen Ausblick, gab es noch ein weiteres Highlight. Wie man sicher schon aus den bisherigen Blogeinträgen herauslesen konnte, sind Japaner (vor allem die ältere Generation) sehr gesprächig und offen. So wurden wir auf dem Berg neben ein paar Familien und älteren Ehepaaren auch von einem lebhaften Ömchen angesprochen. Nach den üblichen Fragen über Herkunft, Alter sowie Dauer und Grund des Aufenthalts, zog sie ein kleines Plastiktütchen mit grünem Inhalt aus der Tasche. Hmm, was hat sie denn nun vor? :)
Nee nee, es musste nichts geraucht werden, um breit zu grinsen, denn nachdem die gute Frau uns erklärt hatte, was sie mit ihrem Grünzeug mache, fragte sie uns, ob wir japanische Lieder kennen würden. Doch bevor wir nachdenken konnten, fiel ihr etwas ein,- ich sag nur "Edelweiss"!


Konnte man es erkennen? Ich kann es leider nicht beurteilen, da ich nicht weiß, wie "Edelweiss" klingen soll. Auf jeden Fall wurden wir mit diesem Getröte (welches mich stellenweise an den Schneewittchen-Gesang aus der Disney-Verfilmung erinnerte) über eine halbe Stunde unterhalten, da ihr immer wieder Lieder eingefallen sind, die ich selber noch aus der Kindheit kenne ("Kaeru no utaga", "Karasu", "Tsuki no sabaku o..."). Das Ömchen hätte als erfolgreiche Animateurin auf Mallorca arbeiten können, so wie sie hartnäckig versucht hat, uns zum Singen zu animieren. Sie sang immer einen Teil vor, wir sollten es nachsingen und sie begleitete uns trötend dazu. Zum Schießen!

Ich tröte jetzt auch das Ende dieses ziemlich  lang gewordenen Eintrags ein!
Mata ne!