Donnerstag, 17. November 2011
Lauter Mikan und eine Blatt-Tröte
Letztens kam Maria, eine quirlige, mit einem speziellen Humor versehene Persönlichkeit aus Finnland auf mich zu und fragte, ob ich Lust hätte mit ihr am Sonntag auf einen nahegelegenen Berg, dem Tachibana Yama zu steigen. Natürlich! Also wurde der Rucksack gepackt, feste Schuhe angezogen und kurz beim Konbini (24h geöffneter Supermarkt) eine Kleinigkeit fürs Picknick gekauft...und los!
Auch wenn das Wetter nicht ganz unseren Wandervorstellungen entsprach, waren wir guter Dinge und ließen uns von einer kühlen Brise und dem wolkigen Himmel nicht die Laune vermiesen. Mit dem Bus fuhren wir etwa 10min zu einer Haltestelle am Fuße des Berges. Zuerst führte uns ein Weg durch eine kleine Wohnsiedlung mit freundlichwirkenden Häusern und liebevoll gepflegten Gärten voller Blumen, Gemüsebeeten und Obstbäumen, die ich unbedingt fotografieren musste, weil man dabei einfach nicht glauben konnte, dass wir schon Mitte November haben.
Der Aufstieg war nicht sonderlich schwierig was den Weg angeht, da es meistens nur leicht anstieg und nur zum Ende hin ein wenig steiler wurde. Schwieriger war für uns die Ausschilderung, da es zwar eine Wanderkarte gab, auf der alle möglichen Wege eingezeichnet waren, doch konnten wir sie erstens nicht ganz entziffern und zweitens sind wir uns fast sicher, dass sie nicht ganz korrekt war. Wie dem auch sei, oben sind wir gut angekommen, hatten leider nur eine mäßige Sicht herunter, haben unser Picknick aufgefuttert, um uns dann nach einer kleinen Pause im trockenen Gras wieder auf den Rückweg zu machen. Blöd nur, dass wir einen anderen Weg zurück genommen haben und deswegen nicht wussten, wo wir letztendlich enden würden. Und so kam es dann auch, dass wir in einer ganz andersaussehenden Wohnsiedlung ankamen, an einem völlig anderem Fuß des Berges. Aber gut, eigentlich sollten wir einfach nur schauen, wo die nächste Bushaltestelle zu finden ist....eigentlich... nach ca. 20min Fußmarsch kamen wir an einem Bauernlädele vorbei, an dem lauter frisches Gemüse und "Mikan" (Mandarinen) verkauft wurden.
Wir fragten das Mütterchen, welchem der Laden gehörte, nach dem Weg. Sie erklärte ihn uns, meinte dann aber, dass wir doch erst einmal hereinkommen sollen. Wir bekamen heißen Kaffee zu trinken, sowie Mikan und gekochte Süßkartoffeln zur Stärkung. Nach einer netten Plauderei, in der sie uns stolz erzählte, dass ihr Sohn mit einer Australierin verheiratet sei und sie regelmäßig mit ihren Enkeln skypen und diese ihr Englisch beibringen würden, bedankten wir uns und machten uns wieder gestärkt (mit weiteren Mikan in der Tasche) auf die Bushaltestellensuche.
"Immer gerade aus, nach der dritten Ampel befinde sich links der Straße eine Grundschule und direkt vor deren Eingang die Bushaltestelle."
Dritte Ampel, Straße, Grundschule, Eingang, alles da, nur nicht die Bushaltestelle! Mist! Aber hey, den Mann auf dem Fahrrad kennen wir doch, klar Fukihara Sensei, ein Japanischlehrer unserer Uni. "Wohin des Weges?" Wir suchen die nächste Bushaltestelle, an der der Kashii-Bus hält. "Ja, da müsst ihr diese Straße entlang, dann an dem Kiosk vorbei und rechts an der nächsten Ampel ist die Bushaltestelle. Hier nehmt noch ein paar Mikan mit, die hab ich gerade in einem Bauernladen gekauft, die schmecken total süß." Ja gut, wir haben zwar noch ein paar in unserer Tasche, aber das muss er ja nicht wissen. Zu gut, um abzulehnen.
Man glaubt es kaum, letztendlich haben wir die Bushaltestelle gefunden, aber da Sonntag war, hätten wir bis Montag früh warten können. Es wurde schon dunkel und wir hatten keinen blassen Schimmer wo wir überhaupt genau waren. Gerade als wir uns auf den Boden setzen wollten, um ein wenig zu jammern und zu maulen, hielt ein Auto vor unserer Nase an. "Entschuldigt, aber heute ist Sonntag da fährt kein Bus. Wo wollt ihr denn hin?", ein junges Ehepaar blickte uns freundlich aus dem Autofenster an. Wir sind von der Fukuoka Joshidai und haben uns verlaufen. "Steigt ein, wir fahren euch zurück." Das war nicht ihr Ernst?! Ich hab immer mehr das Gefühl, dass sich die Mehrheit aller Japaner dazu verpflichtet fühlt, hilflos aussehenden Auslandsstudenten zu helfen, sie durchzufüttern und heimzufahren.Wohin man auch geht, auf Gastfreundschaft trifft man nahezu überall.
Als Dankeschön schenkten wir den Beiden...Mikan,- was denn sonst?! :)
Und weil es so schön war, haben wir uns gestern gleich noch einmal auf den Tachibana Yama gewagt. Diesmal haben uns Lucy und Maysa begleitet und das Wetter war ein einziger Traum! Ein letzter schöner Herbsttag? Wer weiß...
"Ittekimasu!" - selber Bus, selbe Strecke und doch nicht gleich. Allein das Licht wirkte ganz anders, viel kräftiger, wodurch das so langsam erkennbare "Kouyou", die Blattverfärbung der Laubbäume zur Geltung kam.
Wir kamen an einem Reisfeld vorbei, sowie einem Gemüsefeld auf dem ein "Ojisan" arbeitete. Sehr idyllisch! Das klingt jetzt alles vielleicht wie ein sentimentaler Bericht einer alten Frau, aber ich habe den Tag gestern sehr genossen, vor allem weil ich die Natur in Fukuoka sehr vermisse, da alles nur grau und aus Beton und Stein ist. Dabei muss man wirklich nicht weitfahren, um mitten im Grünen zu sein.
Bevor es auf den richtigen Wanderweg ging, machten wir noch einen kleinen Abstecher zu einem etwas versteckten, mysteriösen Ort. Ein im Schatten des Bambuswaldes gelegener Ort, der absolut ruhig war, an dem man nur vereinzelt Vögel singen oder einen kleinen Bach plätschern gehört hat, sonst nichts. Lauter stumme Gestalten aus Stein, freundliche Gesichtsausdrücke, leicht gesenkter Blick und eine vollkommen entspannte Haltung. Obwohl eine so friedliche Stimmung herrschte, fand ich es doch ein wenig unheimlich, da keine andere Menschenseele zu sehen war.
Auf dem Tachibana Yama angekommen, bot sich uns ein unglaublicher Blick über ganz Fukuoka (Sogar die Sporthalle unserer Uni war zu erkennen). Dank des guten Wetters konnte man ewig weit in die Ferne sehen, bis hin zum Meer!
Abgesehen von diesem wahnsinnigen Ausblick, gab es noch ein weiteres Highlight. Wie man sicher schon aus den bisherigen Blogeinträgen herauslesen konnte, sind Japaner (vor allem die ältere Generation) sehr gesprächig und offen. So wurden wir auf dem Berg neben ein paar Familien und älteren Ehepaaren auch von einem lebhaften Ömchen angesprochen. Nach den üblichen Fragen über Herkunft, Alter sowie Dauer und Grund des Aufenthalts, zog sie ein kleines Plastiktütchen mit grünem Inhalt aus der Tasche. Hmm, was hat sie denn nun vor? :)
Nee nee, es musste nichts geraucht werden, um breit zu grinsen, denn nachdem die gute Frau uns erklärt hatte, was sie mit ihrem Grünzeug mache, fragte sie uns, ob wir japanische Lieder kennen würden. Doch bevor wir nachdenken konnten, fiel ihr etwas ein,- ich sag nur "Edelweiss"!
Konnte man es erkennen? Ich kann es leider nicht beurteilen, da ich nicht weiß, wie "Edelweiss" klingen soll. Auf jeden Fall wurden wir mit diesem Getröte (welches mich stellenweise an den Schneewittchen-Gesang aus der Disney-Verfilmung erinnerte) über eine halbe Stunde unterhalten, da ihr immer wieder Lieder eingefallen sind, die ich selber noch aus der Kindheit kenne ("Kaeru no utaga", "Karasu", "Tsuki no sabaku o..."). Das Ömchen hätte als erfolgreiche Animateurin auf Mallorca arbeiten können, so wie sie hartnäckig versucht hat, uns zum Singen zu animieren. Sie sang immer einen Teil vor, wir sollten es nachsingen und sie begleitete uns trötend dazu. Zum Schießen!
Ich tröte jetzt auch das Ende dieses ziemlich lang gewordenen Eintrags ein!
Mata ne!
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Hi Miri,
AntwortenLöschendas ist Edelweiss "gepfiffen"
http://www.youtube.com/watch?v=Wy7lBNCUIgc
Klingt schon ähnlich
Liebe Grüße
PAPA
Also mir ist der Trötbeitrag ganz am Anfang irgendwie bekannt vorgekommen. Hat doch ganz melodisch geklungen.
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