Am ersten Novemberwochenende veranstaltete unsere Universität ein zweitägiges Fest, an dem alle Studentinnen teilnehmen mussten, somit auch unsere internationale Fraktion. Vergleicht man dieses Festchen mit dem der LMU, so kann man einige Unterschiede erkennen. Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, drehte sich ein Großteil des Wochenendes um Essen. Auf dem ganzen Unigelände waren Stände aufgebaut, an denen es verschiedene kleine japanische aber auch internationale Snacks zu kaufen gab. Das WJC-Programm (hab ich den Begriff eigentlich schon einmal erklärt? Wenn nicht: WJC bedeutet World of Japanese Contemporary Culture und steht für das Programm hier, an dem ich teilnehme) hatte auch seinen eigenen Stand, an dem wir Thai-Curry und Indonesische Pfannkuchen mit lauten Zurufen wie "Irasshaimaseeee" (="Willkommen"; "Treten Sie näher") und "Thai-Kare ikaga desuka?" (="Möchten Sie von dem Thai-Curry probieren?") verkauften.
Was sind denn aber bitte Indonesische Pfannkuchen? Ja, das hab ich mich auch gefragt, vor allem als ich sie gesehen habe:
Sieht eher nach bunten Muffins aus, oder? Am Samstag gingen diese leckeren Dinger weg wie warme Semmeln, so dass wir abends bei Vita, eine der Indonesierinnen, noch mehr davon backen mussten.
Es war mal wieder sehr lustig und es hat Spaß gemacht, zusammen in der Küche zu sitzen, rumzublödeln und zu naschen.
Am Sonntag gab es dann noch so einige kleine Highlights, wie zum Beispiel die Teezeremonie, an der meine JD-Mate Misa (JoshiDai = FrauenUni; die mir anfangs bei lästigen bürokratischen Dingen geholfen hat und mit der ich ab und zu was unternehme) teilgenommen hat, da sie im Teezeremonie Club ist. Es war spannend zu sehen, wie so eine Zeremonie abläuft, da sie strenge Regeln beinhaltet, jede Bewegung haargenau koordiniert und geplant ist und trotzdem eine sehr entspannte und ruhige Atmosphäre darin herrscht.
Nicht ganz so ruhig ging es dann auf der Misswahl zur Miss Fukuoka und Mister Fukuoka (der allerdings von Frauen gespielt wurde) zu. Lauter gleich aussehende, lockige Mädels mit kurzen Kleidchen und hohen Schuhen, die irgendwas über ihre Hobbies in das Mikro quäkten (backen und kochen waren es glaub ich). Irgendwie finde ich den japanischen Kleidungsstil vieler Frauen seltsam. Er besteht aus einer Kombination aus megakurzen Röcken, die gerade so das Unterhöschen bedecken, komischen Kniestrümpfen, die an einen Mix aus Kindersöckchen und großmütterlichen Stützstrümpfen erinnern, und dazu hochgeschlossene Oberteile mit Rüschen (Rüschen sind eh überall, an Ketten, Socken, Haargummis, Ohrringen etc.)
Diese Verbindung von kindlich unschuldig und anzüglicher Dame, geht mir ein wenig gegen den Strich, da ich finde, dass dadurch wieder dieser Wunsch nach dieser skurilen Süßheit hervorkommt. Vor allem der Gedanke daran, dass Männer es toll finden, wenn Frauen wie Kinder aussehen, ist mir unheimlich.
Die Kandidaten der Mister Fukuoka Wahl in traditionellen japanischen Männerkimonos |
Soweit, so gut vom Unifest und lieber hin zu einem weiteren kulinarischen Abend, haha. Misa, meine JD-Mate ist mit mir letztens in ein Restaurant gegangen, in dem sie als Kellnerin jobbt. Lustig, dass Nebenjob auf Japanisch "Arubaito" heißt und niemand mir erklären konnte, weshalb das so sei.
Dieses Restaurant ist für seine verschiedenen Tofugerichte bekannt, leider aber nicht gerade günstig (zumindest nicht meiner Vorstellung nach, dafür aber für japanische Verhältnisse). Für 15 unterschiedliche Gerichte, die auf kleinen Tellerchen und in kleinen Schüsselchen serviert wurden, zahlte ich um die 30 €, die sich garantiert gelohnt haben!
Unsere Menükarte, von rechts nach links und von oben nach unten gelesen ;) |
Wir hatten unseren eigenen kleinen Raum, sehr seltsam :) |
die Vorspeise...weiß leider den Namen nicht mehr |
Dessert |
Was ist noch so passiert in letzter Zeit? Ach ja....ich habe an einem eineinhalbstündigen Einführungskurs im Noh-Tanz (traditioneller japanischer Theatertanz) teilgenommen, der an unserer Uni angeboten wurde. Da ich mich für die alte japanische Kultur interessiere, war ich sofort dabei und gespannt darauf, was auf mich zukommen wird. Dass es ein zweimeter großer, Peter Lustig ähnelnder Deutschdozent ist, der aus Bonn stammt und seit über 30 Jahren in Japan lebt, hab ich nicht erwartet. Ohne sich überhaupt vorzustellen, begann er in diesem so sympathischen, mit deutschem Akzent untermaltem Englisch, seinen Vortrag über Noh und zeigte uns daraufhin sein Können. Ich muss zugeben, beeindruckt waren wir danach alle. Wir selbst durften später auch noch eine "einfache" Choreographie ausprobieren, jeder einzeln, während die anderen dazu ein altjapanisches Lied sangen.
Witzig war, dass der gute Herr Lehrer es nicht wirklich schaffte, uns die Choreographie zu zeigen, da die Sporthalle, in der wir übten, keinen Spiegel besaß und er uns alles spiegelverkehrt beibrachte. "No no, ju häf tu go tu se reit korna off jor noh-steetsch, not tu si läft." Gut, so extrem war sein Akzent nun auch wieder nicht, aber lustig fand ich es trotzdem wie ca. 15 Studentinnen mit Fächern orientierungslos im Raum standen und dann alle in unterschiedliche Richtungen liefen, dabei grinsend darum bemüht waren, die würdevolle Haltung eines echten Noh-tänzers einzunehmen.
Zuguterletzt noch eine kleine Geschichte aus unserer ach so kleinen Welt:
Letzten Sonntag waren ein paar Mädels von uns abends auf "Kneipentour", unterwegs in Kashii, auf der Suche nach einer gemütlichen kleinen Bar. Nach kurzer Suche führte uns unser gutes Gespür zum "Feel it", einer kleinen unscheinbaren Kneipe. Es war der erste Abend hier, an dem wir ausgingen und es war irgendwie seltsam, da man das Innere der Kneipe genauso gut in München hätte finden können. Außer uns waren noch 4 andere Studenten da, zwei davon aus Japan. Nun zum Thema "ach so kleine Welt":
Kyosuke, der Japaner hat mich paar Tage später im Facebook angeschrieben und gefragt, ob ich denn die Veronika B. kenne. Klar!! Veronika war bei mir auf der Schule eine Stufe über mir und hat letztes Jahr ein Au-pair-Jahr in Tokyo verbracht, wo sie Kyosuke kennengelernt hat und mit ihm öfters mal feiern war. Und genau diesen Kyosuke treffe ich ein Jahr später, 1300km weiter südlich in Fukuoka, um genauer zu sein in Kashii in einer kleinen heruntergekommen Kneipe! Sugoiiii!! (=unglaublich!)
Kashii Colada...yummy! |
Die Welt scheint so groß, genauso wie die (physische) Entfernung von daheim, die sich durch den Zeitunterscheid bemerkbar macht, aber an sich ist die Welt klein und sie nimmt noch mehr ab, dank facebook, email und skype. Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie es wohl wäre ein paar Jahrzehnte früher schon gelebt zu haben und da dann mit 20 nach Japan gegangen zu sein. Kein Internet, nur Telefon und Briefe. Keine Online-Zeitung, die dir jeden Tag die neuesten Gruselgeschichten über Griechenland und Co. präsentiert. Kein wetter.com, das dir sagt, ob es die kommenden Tage mal kälter als 15 °C sein wird. Kein Picasa, das dir die neuesten Bilder von Papas Herbstwanderung vorlegt. Kein facebook, das dir anzeigt, das der Ethno-Stammtisch sich kommenden Dienstag im "Alten Simpel" trifft oder dass jemand "Gefällt Mir" unter deinem Schrein-Foto geklickt hat. Kein Skype, welches kostenlose Gespräche zu beliebigen Zeiten mit den Menschen, die dir wichtig sind, ermöglicht. Unvorstellbar!
Soredewa, mata ne!
Heja Miri,
AntwortenLöschendas Warten hat sich gelohnt. Habe wieder mal viel gelacht beim Lesen und über den Schluss haben wir uns erst gestern beim Abendessen mit Freunden von Maria unterhalten. Schön dass es google gibt.
PAPA
ja unsere heutige Technik macht die Welt wirklich klein - Gott sei Dank. So bist du wenigstens nicht gar so weit weg - gefühlt. War wieder sehr interessant zu lesen und zu lachen gab es auch wieder. Freu mich schon auf das nächste mal.
AntwortenLöschenDeine Tante